Chancen und Entwicklungen zu kennen schafft Perspektive – ein Blick in die Fakten
Am Mittwoch 15.04.20 schreibt das Handelsblatt „Flucht aus der Globalisierung“, in zahlreichen Diskussionen wird nach „Deglobalisierung“ gerufen. Dem sachlichen Betrachter fällt auf, es ist wie immer – nicht weiß nicht schwarz. Auch wenn manches Unternehmen Versäumnisse ungern einräumt, waren wenige auf die Auswirkungen dieser Pandemie gerüstet. Puffer und alternative Lieferketten dünn oder nicht vorhanden. Das ist unternehmensgefährdend und natürlich darf das nicht mehr vorkommen. Die Auswirkungen bergen jetzt das Risiko, dass sich allgemeine Lebensstandards und Wohlstand verringern. Zu Bedenken ist, hätte es diesen Wohlstand auch ohne Globalisierung gegeben?
Die Weltwirtschaft wird um mehr als 3% schrumpfen (IWF) und die Gefahr einer Rezession ist sehr groß, da China und Indien die Weltkonjunktur nicht anstoßen können, die USA, nach Stand heute, ganz und gar nicht. Diese sind selbst mit der Gefahr einer Arbeitslosigkeit von ca. 20% (Niveau von um 1930) bedroht und damit ist auch ein Viertel der Weltwirtschaft direkt betroffen. Dies ist also anders als 2008/2009 zur Finanzkrise. Die Welt wird in eine Rezession rutschen und Deutschland wird vermutlich um ca. 7 % schrumpfen (IWF) – also mehr als die gesamte Weltwirtschaft. Es sollte nicht außer Frage stehen, dass Menschenleben und Gesundheit vor aller monetärer Arroganz stehen muss. Nehmen wir also diese sich abzeichnende Situation hin, dann gilt die nächste Frage, was ist jetzt zu sehen, wie kann es weitergehen?
Europa muss zusammenhalten! Unter Betrachtung der Situation, sollte eine schnellstmögliche politische Einheit in Europa folgen. Europa muss sich selbst stabilisieren und darf nicht mit den „kleinen“ Ländern weiter in Einzelaktionismus zerfallen. Der EU Binnenmarkt, die Reiseoptionen in Europa und die gemeinsame wirtschaftliche Stärke gilt es zu nutzen. Die Schönheit und zugleich das Problem unseres Europas ist, dass eines unserer 27 Mitgliedsstaaten ausreichen kann, um zu blockieren – das ist schade – aber es ist die Bewährungsprobe die es jetzt zu meistern gilt. Das darf auch nicht an gegenseitigen finanziellen Hilfen, den Euro-Bonds, scheitern.
Für uns alle ist wichtig, dass die Wirtschaft gezielt und nachhaltig wieder anläuft. Dass wir einen Binnenmarkt nutzen können und innerhalb Europa unsere Lieferketten gemeinsam absichern werden können.
Gemeinschaftsaufgaben wie UMWELT und FLÜCHTLINGE, gehören natürlich weiterhin auf gemeinsame tragbare Schultern.
Wo liegen also die Chancen?
Absolut seriöse Prognosen und Vorhersagen sind natürlich nicht möglich. Aber was klingt zumindest logisch? „Wir stehen vor einer Zeitenwende!“ (M.O.Eckert).
Was sich sehr wahrscheinlich zeigen wird ist ein Wachstum für z.B.
– Technikanbieter für digitale Konferenzen etc.
– Digitale Aus- und Weiterbildungskonzepte
– Telemedizin
– Home-Delivery-Services, mit digitalen Shopkonzepten
– Bereiche, die auf künftige Seuchen vorbereitend nötig sind
– Homeoffice, Privat-Immobilien mit Homeoffice-Lösungen
– Food-Start-Ups
Persönlich sehe ich auch große Chancen im Europa- und Deutschland-Tourismus, auch in der nachfolgenden Gastronomie, denn wenn – und wir müssen – wieder konsumieren, warum sollten wir nicht genießen? Wer das bietet und hier Konzepte, Gefühle und Sicherheit bietet, der ist sicher vorne.
Label und Zertifikate werden deshalb weiter an Bedeutung gewinnen. Transparenz und Nähe schafft Sicherheit und die wird wichtiger werden, weil bewusster wahrgenommen.
Und insgesamt wird es wieder eine Start Up Bewegung geben können. 2019 gab es im Gesamtwert von 31,1 Mrd. Euro Star-Up-Finanzierungen (Ernst & Young). Es wird also auch Chancen auf völlig neues geben.
Chance auf einen „nachhaltigen Neustart“!
Wenn es gelingt, sich mit der Situation abzufinden und neu zu denken, so müssen bereits heute Fehler die vor der Corona Krise gemacht waren verhindert werden. Die neuen Wirtschaftskonzepte müssen einen „nachhaltigen Neustart“ (Specht F., Stratmann K.) bedenken. In der Shut-Down-Phase haben wir einige Möglichkeiten zur CO2-Reduktion erleben müssen. Lernen wir daraus. Noch vor Corona war die Prognose von Klimaforschern, dass wir die Erderwärmung nicht schnell zurückdrehen, aber ggf. verlangsamen oder eindämmen können. Das wird auch nach Corona wichtig, denn die gefährlichen Folgen kennen wir bereits heute. Das rasante Artensterben, das uns vielleicht auch zur Behandlung von Krankheiten unbekannte Ressourcen nimmt, ist mit allen Mitteln aufzuhalten, auch das gilt nach Corona.
Wir müssen heute alle, Privatpersonen, Öffentliche wie Unternehmen in die Pflicht nehmen und alle Konzepte, gerade dann wenn diese auch mit Gemeinschafts-mitteln gefördert werden, unter den Gesichtspunkten „mehr Nachhaltigkeit, mehr Grün, mehr Artenschutz, mehr Klimafreundlichkeit“ prüfen und entscheiden.
„Ökonomisch ist nur, was nachhaltig ist“ (A. Haiger)!
„Ich möchte es nicht erleben, dass wir die 7 Plagen der Bibel selbst erzeugen! Nach Krankheit, Dürre, Naturkatastrophen … reicht es jetzt. Wir müssen dem Artensterben Einhalt gebieten, wir müssen für Biodiversität und Möglichkeiten unserer Kinder kämpfen! Und das gerade jetzt beim Re-Start nach Corona!“ (J. Donhauser)
Quellen:
- Bloomberg, Federal Reserve of St. Louis, UniCredit Research, 13.04.2020 (US – Arbeitsmarktzahlen)
- Handelsblatt vom 06.04.20 S. 10; S. 14,15; (Europa vor Bewährungsprobe)
- Handelsblatt vom 08.04.20 S. 4; S. 10; (Kenneth Rogoff – IWF Chefökonom)
- Handelsblatt vom 10./11./12./13.04.2020 S. 24; (Mitten in der Coronahölle)
- Handelsblatt vom 15.04.20 S. 1, 4-7, 28; (Flucht aus der Globalisierung)
- UniCredit Research, 13.04.2020 (Frühindikator für die Weltwirtschaft)
- Beitragsbild von Leonhard Niederwimmer auf Pixabay